Nürnberger Immobilien Börse
Heizkostenabrechnung

Die tatsächliche Wohnfläche ist entscheidend!

veröffentlicht am: 16.08.2018

Ausgangslage:

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23. Mai 2007, Az.: VIII ZR 138/06) hatte entschieden, dass eine Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche erst dann einen Mangel darstellt, wenn die Abweichung mehr als 10 % beträgt. Offen war, ob diese Grenze auch für Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen gilt.

In der Folgezeit hatte der Bundesgerichtshof für die Mieterhöhung entschieden, dass dort die 10 %-Grenze keine Anwendung findet, sondern es auf die tatsächliche Wohnfläche ankommt (Urteil vom 18. November 2015, Az.: VIII ZR 266/14). Offen war nach wie vor, ob diese bei der Heizkostenabrechnung auch Anwendung findet.

In dem zu entscheidenden Fall, hatten die Mieter eine Wohnung gemietet. Im geschlossenen Mietvertrag heißt es in § 1 zur Wohnfläche: "Die Wohnfläche ist mit 74,59 m² vereinbart". Diese Angabe stellte sich als unzutreffend heraus; die wahre (beheizte) Wohnfläche beträgt 78,22 qm.

Die Vermieterin rechnete die Heizkosten für die Wirtschaftsjahre 2013 und 2014 unter Zugrundelegung der tatsächlichen Quadratmeterzahl der beheizten Wohnfläche ab; diese Berechnungen ergeben jeweils Guthaben in Höhe von 296,06 € (für das Wirtschaftsjahr 2014) sowie in Höhe von 554,09 € (für das Wirtschaftsjahr 2015) zugunsten der Mieter. Die Mieter waren der Auffassung, dass die Abrechnung auf Basis der im Mietvertrag geringeren Wohnfläche zu erfolgen hat.

Entscheidung:

Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.05.2018 (Az.: VIII ZR 220/17) entschied dieser, dass nach den mietvertraglichen Vereinbarungen über die tatsächlich verbrauchten Heizkosten jährlich abgerechnet werden soll, weshalb für die Heizkosten die tatsächliche Wohnungsgröße zugrunde zu legen ist.

Anders als in den Fällen der Mietminderung, in denen subjektive Betrachtungen der Parteien zugrunde gelegt werden könnten, liegt die Interessenlage bei der Heizkostenabrechnung ähnlich wie bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. In diesen Fällen hat der Bundesgerichtshof die tatsächliche Wohnungsgröße für maßgebend erachtet (s.o.), weil es auf den tatsächlichen Wohnwert ankommt; andernfalls würden fingierte, von den Vertragsparteien willkürlich festgelegte Umstände an die Stelle von tatsächlichen, objektiven Maßstäben treten. Diese Überlegungen ließen sich auf die Heizkostenabrechnung übertragen, denn die Mieter sollten in ihrer Gesamtheit vernünftigerweise nur insoweit mit Kosten belastet werden, als es ihrer tatsächlichen Wohnungsgröße entspricht. Dies entspreche auch dem gesamten Betriebskostenrecht immanenten Prinzip der größtmöglichen Verteilungsgerechtigkeit.

Sofern und soweit Betriebskosten nach gesetzlichen Vorgaben (vgl. etwa § 566a Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 HeizkostenV) daher ganz oder teilweise nach Wohnflächenanteilen umgelegt werden, geht es mithin im Allgemeinen um den Anteil der tatsächlichen Wohnfläche der jeweils betroffenen Wohnung an der in der Wirtschaftseinheit tatsächlich vorhandenen Gesamtwohnfläche. Auch erwähnt die Heizkostenverordnung mehrfach den Begriff der "anerkannten Regeln der Technik" (so in § 5 Abs. 2 Satz 2, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 9 Abs. 1 Satz 5, § 9b Abs. 2), der eher darauf hindeutet, dass der Verordnungsgeber in erster Linie in diesen Regeln niedergelegte objektive Kriterien für die Heizkostenverteilung als maßgeblich ansieht. Dies spricht ebenfalls dafür, die tatsächlichen Verhältnisse bei der Abrechnung nach Wohnflächenanteilen heranzuziehen.

Folge:

Die 10 %-Grenze findet daher nur für die Beurteilung eines Mangels der Mietsache Anwendung. Für Mieterhöhungen, Heiz- und Betriebskostenabrechnungen kommt es auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. In der Praxis muss der Mieter die in der Heizkostenabrechnung zugrundegelegte Fläche substantiiert bestreiten. D. h. er muss seine Wohnung vermessen und die gemessene Größe mitteilen.

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Oliver Fouquet
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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