Wie geht es weiter mit dem Immobilienmarkt?
veröffentlicht am: 23.06.2023Deutschland befindet sich derzeit in einer leichten Rezession. Steigende Leitzinsen bei gleichzeitig relativ hohen Teuerungsraten bilden ein wirtschaftlich schwieriges Umfeld, unter dem auch die Bau- und Immobilienbranche leiden. Hinzu kommen mehr oder weniger branchenspezifische Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, Probleme bei der Versorgung mit Baumaterialien und Bauteilen sowie ein relativ hohes Preisniveau auf dem Immobilienmarkt, welches bereits lange vor den hohen Inflationsraten erreicht wurde.
Potentielle Käufer und Verkäufer von Immobilien, Baufirmen und Mieter fragen sich deshalb gleichermaßen, wie es auf dem Markt für Wohnimmobilien weitergehen wird. Dieser Artikel wagt einen kleinen Ausblick auf die Herausforderungen und Chancen der Branche in den nächsten Monaten.
Preise für Grundstücke und Bestandsimmobilien
Die Preise für Baugrund sind in den Jahren von 2008 bis 2018 um etwa 65 Prozent gestiegen und haben seither ein noch höheres Niveau erreicht. Die Verkaufspreise für Bestandsimmobilien stiegen im gleichen Zeitraum um ca. 47 Prozent. Allerdings gibt es hier regional starke Abweichungen zu verzeichnen. So ist beispielsweise der Immobilienmarkt in den neuen Bundesländern teilweise vollkommen entkoppelt von dieser Entwicklung und lockt immer wieder Käufer mit traumhaft niedrigen Preisen.
Für diese regionalen Unterschiede gibt es verschiedene Faktoren, von denen die Attraktivität und damit die Nachfrage nach Wohnraum der entscheidende ist. Mit seiner guten Infrastruktur, hervorragenden Beschäftigungsmöglichkeiten und der hohen Lebensqualität, verwundert es nicht, dass Bayern regelmäßig zu den teuersten Bundesländern gehört, wie auch ein renommierter Immobilienmakler aus Solingen bestätigen kann. Allerdings werden in Franken und insbesondere in ländlich geprägten Regionen vollkommen andere Preise aufgerufen, als beispielsweise in München oder Großstädten wie Nürnberg.
Neben der Attraktivität der Ballungszentren spielen in dieser Entwicklung auch wohnungspolitische Entscheidungen eine große Rolle. So versäumen es zahlreiche Städte, ausreichend Wohnraum zu schaffen, da sie den kommunalen Wohnungsbau mehr oder weniger komplett eingestellt haben oder schreiben nicht genügend Neubaugebiete aus, um dem Preisdruck durch Zuzug etwas entgegenzusetzen.
Ändert sich an diesen Trends in der Verschiebung von Stadt zu Land und vor allem in die wirtschaftlichen Ballungsgebiete und die großen Universitätsstädte nichts, wird auch die Diskrepanz in den Preisen bestehen bleiben. Derzeit spricht daher nur ein einziger Faktor für sinkende Grundstücks- und Immobilienpreise in attraktiven Regionen und das sind die steigenden Zinsen für die Immobilienfinanzierung. Historisch stehen diese in einem umgekehrten Verhältnis zu den Grundstücks- und Immobilienpreisen, allerdings scheint diese Entwicklung derzeit noch von der Wohnraumknappheit gebremst zu werden.
Insgesamt ist daher nicht mit deutlich sinkenden Preisen zu rechnen. Wahrscheinlicher ist ein Stagnieren auf hohem Niveau, allerdings dürften auch die Jahre, in denen ein Rekord den nächsten gejagt hat, vorüber sein.
Mietpreisentwicklung
Die Mieten stiegen von 1995 bis 2022 im Vergleich zu den Grundstücks- und Immobilienpreisen ‘nur’ um etwa 35 Prozent, allerdings sind die regionalen Unterschiede hier noch stärker ausgeprägt. So stiegen etwa die Angebotsmieten in München allein seit 2012 um ca. 65 Prozent und liegen derzeit bei fast 19 Euro pro Quadratmeter. Hier werden mittlerweile Mieten aufgerufen, die selbst Besserverdiener nicht mehr bereit sind zu zahlen, Normal- und Geringverdiener sind sogar gezwungen, Wohnungen im Umland zu beziehen, was auch dort zu steigenden Preisen führt.
In anderen Großstädten wie Nürnberg ist die Entwicklung zwar nicht ganz so dramatisch, aber in der Tendenz durchaus ähnlich. In der Folge führt dies dazu, dass immer größere Anteile der Einkommen für Mieten aufgewendet werden müssen. In Bayern – ähnlich wie auch im Bundesschnitt – stieg dieser Anteil von 21,7 Prozent im Jahr 2010 auf 27,2 Prozent 2018. Im Verlauf von lediglich 8 Jahren mussten Mieter also akzeptieren, im Schnitt etwa 6 Prozent mehr ihres Einkommens für die Miete aufzuwenden, was auch den Konsum in anderen Bereichen bremst.
Die Politik reagierte mit Mietspiegeln und Preisbremsen, aber diese konnten den Trend zu immer höheren Mieten bisher lediglich – wenn überhaupt – bremsen, aber nicht aufhalten oder gar umkehren. Steigende Baupreise, angetrieben durch die allgemeine Inflation und die spezifischen Bedingungen im Bausektor, weiterhin hoher Zuzug in Ballungsgebiete, die Aushöhlung des subventionierten Wohnungsbaus sowie die Konzentration unter den großen Wohnungsbaugesellschaften, dürften hier auch weiterhin für steigende Preise sorgen.
Eine Umkehr oder auch nur ein Stopp dieses Trends scheint nur noch durch größere politische Eingriffe, eine erhebliche Ausweitung des Wohnungsbaus in besonders belasteten Regionen oder eine veritable Wirtschaftskrise möglich zu sein. Clevere Bauherren oder Mieter versuchen dieser Entwicklung zu entgehen, indem sie nach Wohnungen und Baugrund in Gebieten suchen, die bisher von großen Preisanstiegen verschont blieben. Insgesamt muss jedoch damit gerechnet werden, dass der Immobiliensektor in diesem und vermutlich auch im kommenden Jahr schrumpfen oder zumindest nicht wachsen wird, bis sich etwas an den Rahmenbedingungen ändern wird.
Bildquelle(n): https://unsplash.com/de/fotos/LZkbXfzJK4M | Daria Nepriakhina