Steigende Baukosten und unsichere Rahmenbedingungen belasten Wohnungsbau
veröffentlicht am: 11.07.2023Abgesehen von bestimmten Gegenden im ländlichen Raum, wo die Bevölkerung abnimmt, ist die Nachfrage nach Wohnungen vielerorts in Deutschland wesentlich größer als das Angebot. Das gilt insbesondere für die großen Metropolen und Ballungsräume, aber in wachsendem Maße auch für deren Umland sowie für kleinere und mittlere Städte mit steigender Einwohnerzahl. Zu Letzteren gehören sowohl Standorte, an denen sich größere Unternehmen angesiedelt haben, als auch Städte und Gemeinden, die wegen ihrer reizvollen Lage und ihrer hohen Lebensqualität als Wohnsitz bevorzugt werden oder die als regionale Zentren eine gewisse Anziehungskraft entwickeln. Wer unter solchen Rahmenbedingungen Wohnungen baut und vermietet, muss sich normalerweise keine Sorgen über eventuelle Leerstände machen oder ausbleibende Mieter machen. Dennoch wird in Deutschland zurzeit immer weniger gebaut.
Baukosten steigen deutlich stärker als "normale" Inflation
Seit die neue Bundesregierung das Ziel vorgegeben hat, in Deutschland sollten jährlich 400.000 neue Wohnungen entstehen, um den vorhandenen Bedarf einigermaßen decken zu können, ist dieses Ziel noch in keinem einzigen Jahr erreicht worden. Stattdessen nimmt die Bautätigkeit sogar ab. Inzwischen ist nach Einschätzung von Fachleuten allenfalls noch die Hälfte der von der Regierung angestrebten Neubaufertigstellungen realistisch. So sagte beispielsweise der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko, anlässlich der Jahrespressekonferenz seines Verbandes am 3. Juli 2023, unter den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen könnten die sozial orientierten Wohnungsunternehmen nicht mehr in bezahlbaren Wohnungsbau investieren und man müsse damit rechnen, dass die Zahl der jährlich fertiggestellten Wohnungen auf lediglich noch 200.000 Einheiten jährlich zurückgehen werde. Als einen Hauptgrund nannte er die stark steigenden Bau- und Modernisierungskosten. Dies lässt sich anhand einiger statistischer Daten nachvollziehen. So lag beispielsweise die "normale" Inflation, die mittels Verbraucherpreisindex gemessen wird, in Deutschland 2022 im Jahresdurchschnitt bei 7,9 Prozent, was im Vergleich zu den Vorjahren bereits eine enorme Erhöhung bedeutete. Gleichzeitig verteuerten sich zahlreiche unverzichtbare Baumaterialien jedoch in deutlich zweistelligen Größenordnungen Die Löhne und Gehälter im Bauwesen erhöhten sich ebenfalls, wenngleich die Steigerungen hier moderater ausfielen.Neben den klassischen Bauberufen im engeren Sinn konnten sich jedoch in den zurückliegenden Monaten auch zahlreiche Beschäftigte in verwandten Branchen über steigende Nominaleinkommen freuen, wenngleich die Freude durch den Anstieg der Preise und Lebenshaltungskosten in den meisten Fällen merklich getrübt wurde. Bei der Kalkulation von Baukosten sind beispielsweise auch die Vergütungen für Elektriker und andere Technik- und Handwerksberufe zu berücksichtigen. Neben dem Neubau betreffen die genannten Entwicklungen auch die Sanierung und Modernisierung von bereits existierenden Bauten. So ist zum Beispiel eine Kernsanierung nicht ohne entsprechende Arbeiten an der Elektrik, am Dach oder an den Rohrleitungen denkbar.
Was bedeutet die aktuelle Marktentwicklung für Immobilieneigentümer?
Kurzfristig ist eine Änderung der beschriebenen Situation nicht in Sicht, und wenn beispielsweise das Bundesinformationszentrum Deutscher Architektenkammern BKI demnächst die Ergebnisse seiner aktuellen Umfrage zur Baukostensteigerung veröffentlichen wird, ist zu befürchten, dass diese wenig erfreulich ausfallen. So ist es nicht erstaunlich, dass neben Branchenverbänden wie dem GdW auch die naturgemäß etwas neutraleren Wirtschaftsforschungsinstitute bezüglich der Wohnungsbauzahlen eher skeptisch sind. Das renommierte ifo-Institut veröffentlichte kürzlich ebenfalls eine Prognose, die für das Jahr 2025 nur noch von 200.000 fertiggestellten Wohnungen in ganz Deutschland ausgeht. Für Wohnungssuchende bleibt die Situation damit auf absehbare Zeit schwierig. Wer in Immobilien investiert hat oder dies - angesichts der inzwischen wieder deutlich günstigeren Preise - für die nahe Zukunft plant, kann sich indes sicher sein, dass die Mieten künftig weiter steigen werden. Zudem dürften Wohnimmobilien in wachsenden Städten wohl früher oder später wieder an Wert gewinnen, nachdem die jahrelang gestiegenen Preise zuletzt spürbar nachgegeben haben.
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