Nürnberger Immobilien Börse
Recht & Gesetz Immobilienpreise

Wie entwickeln sich die Preise auf dem Immobilienmarkt?

veröffentlicht am: 18.09.2022

Die Bauzinsen steigen, die Inflation nimmt zu und die Materialkosten für den Neubau gehen durch die Decke.

Dieses aktuelle Zusammenspiel verschiedenster Faktoren wirft die Frage auf, wie sich die Immobilienpreise künftig entwickeln werden.

Das Forschungsinstitut empirica hat hierfür die wichtigsten Fakten zusammengetragen.

Bevor wir unser Augenmerk auf die aktuelle Situation richten, bedarf es zunächst einer grundsätzlichen Einordnung des Themas. Märkte sind bestimmt von Angebot und Nachfrage. In einer freien Marktwirtschaft reagieren die Akteure auf Veränderungen des Marktgeschehens, indem sie ihr Verhalten anpassen. Der Schnittpunkt zwischen Angebot und Nachfrage, also der Punkt, an dem die Nachfrage komplett durch das Angebot gedeckt wird und es keinen Angebotsüberhang gibt, bestimmt das Marktgleichgewicht.

Dieser fundamentale volkswirtschaftliche Grundsatz wird durch die freie Preisbildung erreicht. Steigt beispielsweise die angebotene Menge eines Gutes, ohne dass die Nachfrage zunimmt, sinkt der Preis der Ware. Der Preis fällt so lange, bis genügend Akteure bereit sind, das Gut für den neuen, niedrigeren Preis nachzufragen. Solche periodischen Schwankungen von Angebot und Nachfrage lassen sich in allen Wirtschaftsbereichen beobachten und werden Zyklen genannt.

Der sogenannte Schweinezyklus

Auch der Immobilienmarkt unterliegt diesen zyklischen Schwankungen von Angebot und Nachfrage. Im Vergleich zur restlichen Wirtschaft fallen diese in der Wohnungswirtschaft allerdings azyklisch aus. Dieses Phänomen wird Schweinezyklus genannt und geht auf den Agrarwissenschaftler Arthur Hanau zurück, der 1927 in seiner Dissertation zur Preisentwicklung von Schweinefleisch feststellte, dass Bauern erst mit einer gewissen Zeitverzögerung auf Veränderungen am Markt reagieren können.

Er beschreibt dieses Phänomen wie folgt: Steigt die Nachfrage und damit der Preis für Schweinefleisch, dann wollen die Bauern mehr Fleisch auf den Markt bringen. Um das Angebot zu erhöhen, investieren sie verstärkt in die Zucht der Tiere. Mit einer gewissen Zeitverzögerung bringen dann alle Bauern auf einmal ihre Waren auf den Markt, was das Angebot in die Höhe schnellen und den Preis fallen lässt.

Die Bauern reagieren auf diese Entwicklung mit der Verringerung ihrer Investitionen, was das Angebot wiederum senkt und die Preise erneut steigen lässt. An diesem Punkt beginnt der Schweinezyklus dann von vorn.

Immobilienmarkt im Zyklus

Auch der Wohnungsmarkt unterliegt einem solchen Schweinezyklus. In der Vergangenheit war zu beobachten, dass ein Anstieg der Nachfrage zunächst den Leerstand schrumpfen ließ. Danach stiegen die Mietpreise. Dies führte, bei steigenden Bestandspreisen, zeitverzögert zu einer erhöhten Neubautätigkeit. Nachdem der Markt gesättigt war, kam es wieder vermehrt zu Leerstand und die realen Preise sanken, was sich meist auch auf die Mieten auswirkte. An diesem Punkt begann auch hier der Zyklus von vorn. Die heutige Situation unterscheidet sich aber von der Vergangenheit.

Dr. Reiner Braun, Vorstandsvorsitzender von empirica, ging daher der Frage nach, ob trotz des vorhersehbaren Zyklusendes die Kaufpreise von Immobilien künftig tatsächlich wieder sinken, oder ob es sich aufgrund der Besonderheit der Situation diesmal anders verhalten könnte. Anders als bisher ist die Nachfrage noch nicht gesättigt. Dennoch steht der Zyklus vor dem Ende, da die Zinsen steigen und Materialien knapp sind.

Zinsen und weitere Faktoren wirken sich aus

Zinsen spielen beim Immobilienkauf eine bedeutende Rolle. Bei niedrigen Zinsen steigt der Preis, den Selbstnutzer für die Immobilie zu bezahlen gewillt sind. Auch bei Vermietern verhält es sich ähnlich. Niedrige Zinsen führen dazu, dass der heutige Wert künftiger Mieteinnahmen zunimmt. Vermieter sind bei niedrigen Zinsen daher in der Regel bereit, einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Die steigenden Zinsen sollten daher zu einer sinkenden Nachfrage führen, weil die Zahlungsbereitschaft sinkt, das Angebot aber nicht sofort zurückgeht. Der hierdurch entstehende Angebotsüberschuss sollte sich dämpfend auf den markträumenden Preis auswirken.

Angebot und Nachfrage sinken

Neben dem Anstieg der Bauzinsen kann man derzeit allerdings auch steigende Kosten und zunehmende Unsicherheiten aufgrund der Coronakrise und des Krieges in der Ukraine beobachten, die zu Lieferengpässen bei Baumaterialien führen. Auch der Fachkräftemangel, strengere politische Vorgaben bei Sanierung und Neubau sowie bei der Ausweisung von Bauland aufgrund des Klimaschutzes und eine Verschärfung des Baurechts befeuern die zunehmende Verunsicherung. Die höheren und schwer kalkulierbaren Kosten führen daher zu weniger Neubau. Somit sinkt das Angebot.

Aufgrund steigender Zinsen sinkt zwar die Nachfrage, die zunehmenden Kosten führen aber auch zu einem Rückgang des Neubauangebots. Wenn also sowohl das Angebot als auch die Nachfrage sinkt, ist es schwer absehbar, wie sich die Preise entwickeln. Dies hängt letztlich davon ab, welcher der Effekte überwiegt.

Nur wenig Preisveränderung

Dr. Reiner Braun geht davon aus, dass sich die Preise nominal zwar kaum verändern werden, aufgrund der hohen Inflation real künftig aber deutlich fallen. Doch auch hier gibt es einige Faktoren, die das Marktgeschehen beeinflussen können. Eine verstärkte Zuwanderung könnte beispielsweise wieder stabilisierend auf die Preise wirken. Da sich die Zuwanderung allerdings meist auf die Städte konzentriert, wird hier, wenn überhaupt, nur eine regionale Stabilisierung stattfinden.

Von der Zinsentwicklung unberührt dürften zunächst die Ein- und Zweifamilienhäuser in den Speckgürtelregionen bleiben. Das sinkende Angebot von Eigentum in den Großstädten gepaart mit dem durch Corona noch verstärkten Wunsch nach einer familiengerechten Wohnform dürfte die Preise hier weiterhin stabil halten. Was den deutschen Immobilienmarkt von vielen anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass Käufe mit Festzinshypotheken finanziert werden.

Während der langen Niedrigzinsphase ließ sich zudem beobachten, dass vereinbarte Zinsbindungen immer länger wurden und sich die Restschuld nach Ablauf daher immer weiter verringerte. Steigende Zinsen werden daher auch künftig höchstwahrscheinlich nicht der Hauptgrund für Zwangsversteigerungen sein.

Fazit

In seinem Resümee geht Dr. Braun zunächst von sinkenden Preisen aus. Dieser Zustand wird seiner Meinung nach allerdings nicht von Dauer sein, da steigende Neubaukosten und die zunehmende Unsicherheit die Bestandspreise stabilisieren oder sogar erhöhen werden. Fallende Preise werden daher vor allem unerfahrene Kapitalanleger treffen. Die Zahl der Verkäufe solcher Anleger dürfte aber gering ausfallen.

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