Nürnberger Immobilien Börse

Die Nachbesserung der Nachbesserung

veröffentlicht am: 19.07.2017

Nach der Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht im Frühjahr 2016 hatten sich die Berichte über Ablehnungen von Kreditanträgen insbesondere von jüngeren Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverhältnissen und von älteren Kreditinteressenten gehäuft .

Die Folge war eine große Verunsicherung von Bau- und Kaufwilligen. Jetzt hat der Gesetzgeber reagiert und Nachbesserungen vorgenommen, die auch die Gewährung von Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen erleichtern sollen. Mit dem Inkrafttreten der nachgebesserten Regelungen ist in den nächsten Wochen zu rechnen. 

Für Kunden günstige Nachbesserungen im Überblick

• Wertsteigerungen durch Baumaßnahmen oder Renovierungen können künftig bei der Kreditwürdigkeitsprüfung berücksichtigt werden.


• Das Lebensalter des Kreditnehmers kann bei der Kreditwürdigkeitsprüfung unberücksichtigt bleiben, wenn die Bedienbarkeit des Darlehens zu Lebzeiten und der Immobilienwert im Todesfall ausreichend für die Abdeckung der Verbindlichkeiten zuzüglich etwaiger Verwertungskosten sind. Dies dürfte vor allem älteren Kreditinteressenten zugutekommen.

• Ähnlich gelagert ist die Problematik bei jüngeren Kreditinteressenten und Arbeitnehmern mit oft branchenüblich nur befristeten Arbeitsverhältnissen. So soll bei der ersten Gruppe die Bank umso mehr auf Erfahrungen und Schätzungen zurückgreifen, je größer der Prognosezeitraum für die Kreditzahlung ist. Davon profitieren jüngere Kreditinteressenten. 

• Arbeitnehmern mit oft branchenüblich nur befristeten Arbeitsverhältnissen soll geholfen werden, indem positive wahrscheinliche Ereignisse, wie Entfristung oder Wiedereinstieg, berücksichtigt werden können, wenn diese branchen- und berufsabhängig wahrscheinlich sind.

• Koppelungsgeschäfte, also die zwingende Kombination aus Darlehen und einem weiteren Finanzprodukt, wie einer bestimmten Versicherung oder einem Sparprodukt, wurden weitgehend untersagt. Dies entsprach auch einer Forderung von Haus & Grund Deutschland. 

Knackpunkt Kreditwürdigkeitsprüfung

Die Konkretisierung dieser Regelungen zur Kreditwürdigkeitsprüfung steht unmittelbar bevor. Diese sollen als gemeinsame Verordnung von Bundesjustiz- und Bundesfinanzministerium erlassen werden. Aus Sicht der Banken sind diese Vorgaben besonders wichtig. Für Fehler bei der Kreditwürdigkeitsprüfung „haftet“ die Bank während der gesamten Kreditlaufzeit und sogar darüber hinaus direkt gegenüber ihrem Kunden.
Wenn er zu Recht Fehler bei der Kreditwürdigkeitsprüfung geltend macht, kann er seit Frühjahr 2016 aus dem Kreditvertrag ohne Vorfälligkeitsentschädigung aussteigen oder das Kreditverhältnis zu einem sehr niedrigen Zinssatz fortführen. Die Kreditinstitute drängen nun darauf, die Vorgaben für die Kreditwürdigkeitsprüfung so konkret und verbindlich wie möglich auszugestalten, damit sie sich im Streitfall auf die Einhaltung der Verordnung berufen können. 


Anschlussfinanzierung (echte Abschnittsfinanzierung) und Umschuldung 

Im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie hat der Gesetzgeber zudem am 1. Juni 2017 die Hürden für die Gewährung von Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen gesenkt und damit eine wesentliche Forderung auch von Haus & Grund Deutschland erfüllt: Umschuldungen zum Zwecke der Vermeidung von Zwangsvollstreckungen sowie echten Abschnittsfinanzierungen, welche zur Fortsetzung einer begonnenen Finanzierung einen neuen Darlehensvertrag erfordern, muss die Bank nur dann eine aktualisierte Kreditwürdigkeitsprüfung vorschalten, wenn der Nettodarlehensbetrag deutlich (nämlich um mehr als zehn Prozent) erhöht wird. Ist der Bank allerdings bekannt, dass der Kreditnehmer auch die Verpflichtungen aus der Umschuldungs- oder Anschlussfinanzierung dauerhaft nicht erfüllen kann, darf diese Finanzierung nicht gewährt werden.

Fazit

Durch die Nachbesserungen sind einige Erleichterungen bei der Kreditvergabe zu erwarten – und damit immer weniger Gründe für Kreditinstitute, sich künftig noch aus Angst vor Haftung auf „strengere Regeln aus Brüssel“ zu berufen.


Bildquelle: Rechtsanwalt Gerhard Frieser 
                    1.Vorsitzender Grund-Hausbesitzerverein
                    Nürnberg & Umgebung e. V.